Eine kleine Wohnung, zwei saubere Menschen – vier Tage putzen und der Frühjahrsputz ist erledigt. Und das, obwohl ich wegen meiner Zähne der totale Drückeberger war. Naja, immerhin nicht ganz. 😇
Heute möchte ich einmal mit etwas weniger Erfreulichem beginnen.
interessanterweise hängt das, was ich jetzt berichten möchte, mit dem sehr kalten Frühjahr zusammen. Im letzten Jahr, das auch schon ungewöhnlich kühl war, fing das Leben am Strand erst im Mai überhaupt bemerkbar an. Normalerweise ist Ostern der Start, manchmal früher. Obwohl es jetzt also viel kälter ist als im letzten Jahr, sieht man am Strand und in den Gegenden mit vielen Hotels deutlich mehr Menschen. Gleichzeitig fällt auf, wie viele Autos mit ukrainischem Kennzeichen unterwegs sind, manchmal Mittel- , meistens Oberklasse-Autos.
Gestern waren wir wieder einmal bei unserer Post am Goldstrand und haben den Sonnenschein und die 18° dazu benutzt, die Promenade entlang zu laufen. Unerwartet viele Menschen!
80 % Frauen mit Kindern, davon viele im schulpflichtigen Alter. Meine starke Vermutung: Menschen aus der Ukraine! Allerdings nicht die, die mittellos in Deutschland aus den Zügen quellen, sondern die, die hier ein Ferienhaus, ein Apartment oder Menschen mit einem solchen haben.
Also eher die, die einen gewissen Wohlstand haben und dem Krieg im eigenen Land auf diese Weise ausweichen können.
Dafür habe ich übrigens sehr viel Verständnis, ich würde meine Familie sicherlich auch auf diese Weise in Sicherheit bringen, wenn es mir möglich wäre. Es ist nur eine andere Facette zu den üblichen Nachrichten, die ich hier auch mitbekomme.
Der Besuch bei der Post war übrigens das Puzzleteil eines missglückten Garantiefalls.
Vor über zwei Jahren habe ich im Auftrag meiner Tochter für eine Freundin eine Popcornmaschine bestellt. Nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass jedes Mal beim Einschalten die Haussicherung heraus flog.
Die Freundin hatte es aber nicht eilig mit der Reklamation. Erst vor kurzem, also eigentlich nach Ablauf der Garantiezeit, wurde ich wieder eingeschaltet und habe versucht, eine Retoure anzuleiern.
Netterweise hat der Versender einen Garantiefall akzeptiert und nach Rücksendung des defekten Gerätes ein neues verschickt. Hier begann das Problem.
Ich bekomme eine Mail mit folgendem Inhalt: Wir freuen uns, ihren Garantiefall positiv beantworten zu können und haben das Austauschgerät soeben verschickt. Die Versandadresse: Pedro Kabral 6, Warna.
😫😩🤪
Auch meine unmittelbare Reaktion mit der Bitte um Korrektur der Anschrift nutzte nichts mehr – die Maschine war unterwegs nach Bulgarien.
Soweit, so schlecht. Nur, die Maschine kam und kam nicht. Vorgestern habe ich dann noch einmal per Mail nachgefragt und bekam freundlicherweise auch eine Antwort mit der Sendungsverfolgungsnummer (ich liebe solche langen deutschen Worte).
Diese Nummer eingetippt und erfahren, dass das Paket mittlerweile in Bulgarien ist und angeblich auch schon vor fast zwei Wochen ein Zustellversuch stattgefunden habe. Erfolglos. Natürlich waren wir an dem Tag zu Hause und es war sicher niemand von der Post da. Aber als fleißiger Leser meines Blogs wisst ihr ja, dass normalerweise vorher angerufen wird. Nur, bei diesem Versender war noch meine uralte deutsche Festnetznummer hinterlegt, ein Anruf wird also ziemlich sicher erfolglos gewesen sein.
😎
Nebenbei, hier weigert sich fast jeder, eine deutsche Nummer anzurufen. Wenn ich nicht genau wüsste, dass es sich um EU-Recht handelt, müsste ich annehmen, dass Auslandstelefonate hier mit russischem Öl bezahlt werden müssen.
😇
Spaß muss sein.
Aber wie jeder von euch weiß, sind Auslandstelefonate innerhalb der EU zum Inlandstarif abzurechnen. Bulgarien ist eindeutig Teil der EU!
Ich werde dem Geheimnis demnächst auf den Grund gehen – und sicherheitshalber Karins altes abgelegtes iPhone mit einer bulgarischen Prepaid-Karte versehen.
😇
Zurück zur Sendungsverfolgung. Ich gebe die Nummer ein und mir wird angezeigt, dass nach dem erfolglosen Zustellversuch mein Paket in einer Poststation liegt. In „einer“ Poststation.
Hallo! HALLO! Geht es etwas genauer? Also habe ich erneut per Mail nachgefragt und bekam auch sofort wieder eine Antwort. Leider keine hilfreiche.
Deswegen waren wir auf Verdacht in unserer Poststelle am Goldstrand, weil das die nächstliegende ist. Die nette deutschsprechende Mitarbeiterin hat dann ebenfalls festgestellt, dass dieses Paket existiert, aber nicht bei ihr liegt. Tatsächlich leitet die deutsche Post die Pakete nicht an die bulgarische Post weiter, sondern unterhält eigene DHL Büros. Mit dieser Information bin ich nach Hause an meinen Computer gegangen, der Dank neuer Tastatur auch wieder funktioniert, und habe weiter recherchiert. Natürlich ! lag mein Paket nicht bei einer DHL-Station, sondern bei Speedy, dem Transportunternehmen, das ich schon kenne.
Das nächstgelegene Büro kenne ich auch! Ich bin also nachmittags noch einmal los, um das Paket in Empfang zu nehmen und sofort wieder zurück nach Deutschland zu schicken.
Ihr erinnert euch, das sollte ja zu der Freundin. Das hat soweit auch problemlos geklappt, nachdem ich (eine deutsche Telefonnummer hinterlegt und) dem Öffnen des Pakets zur Kontrolle durch die Postdame zugestimmt habe. Das mit dem Postgeheimnis läuft hier irgendwie anders als bei uns.
Meine Tastatur war übrigens auch schon mehr als eine Woche in Bulgarien, bevor ich sie bekommen habe. Ähnlich wie oben beschrieben gab es einen regen Mailverkehr und die zwingende Notwendigkeit, eine Telefonnummer anzugeben, eine bulgarische! Freundlicherweise hat mir unser Vermieter Kiril schon vor einiger Zeit angeboten, für solche Fälle einfach seine Nummer anzugeben.
Ich hatte bei Amazon bestellt, die haben die richtige Adresse und meine deutsche Mobilnummer. Der Zusteller hat mich telefonisch (angeblich) nicht erreicht und ist deswegen mit dem Paket zurückgefahren. Als ich bei Amazon nach dem Verbleib gefragt habe, wurde mir selbstverständlich die Sendungsverfolgungsnummer mitgeteilt, die aber ins Nirgendwo führte. Nach einiger Recherche, beziehungsweise gründlichem Lesen der Mail🤓, fand ich den von Amazon genutzten Lieferservice und sogar eine Telefonnummer. Die ist aber falsch! Es stimmte weder die Landes- noch die Ortsvorwahl und wahrscheinlich sonst auch nichts. Als alter Internet-Profi und perfekt Bulgarisch sprechender Mensch habe ich dann den (Achtung) rumänischen Versender ausfindig machen können, der mit mir gerne italienisch gesprochen hätte.
Mein Italienisch ist gerade etwas eingerostet, aber ich wurde immerhin an einen gut englisch sprechende Mitarbeiter weitergeleitet. Der konnte mir auch nur mitteilen, dass mein Paket in Warna ist, aber für die Zustellung unbedingt meine bulgarische Telefonnummer nötig sein. Ich habe also die bulgarische Nummer meines Vermieters herausgegeben und – nach einer viertel Stunde klingelt der, um mir zu sagen, dass draußen ein Paketbote steht. Meine Tastatur! Ich habe Kiril dann gefragt, ob er gerade einen Anruf bekommen habe, stellt euch vor, hatte er nicht!
😅😂🤣
Das Fazit: irgendwie kommt alles an.
Heute haben wir dann etwas eher Seltsames unternommen. Beim Kaffee hatte Karin erzählt, wie sie sich kürzlich beim Besuch ihrer Bastelläden verfahren hat. Nicht, dass sie nicht aus der Situation heraus gekommen wäre, aber wir haben festgestellt, wie wenig Überblick wir über das Straßennetz haben.
Kein Problem, eine Mall aufzusuchen, den Baumarkt zu finden oder am Hafen ein Bier zu trinken, aber vom Baumarkt zur Kathedrale oder vom Rathaus zum Metzger, diese Querverbindungen fehlen uns noch.
Also war unser Plan für heute Nachmittag, mit dem Auto diese Querverbindungen zu finden und uns nach Möglichkeit einzuprägen. Dass das nicht ganz so geklappt hat, wen wundert das? Die erste Zwischenstopp war bei Karins persönlicher Schmuck-Dealerin, der nächste war: Fahr mal hier rein da ist es schön, das kenne ich. Tatsächlich kannte ich die Ecke aber auch schon und an derselben war ein Whiskygeschäft, das wegen Corona bisher immer geschlossen war, wenn ich davor stand.
Nicht irgendein Whiskygeschäft, sondern eins mit Verkostungsmöglichkeit!
Da ich mir sowieso zur Belohnung für meine Tapferkeit in Sachen Zahnbehandlung einen leckeren Tropfen gönnen wollte, bedeutete das das Ende unserer Erkundungstour.
Ich kann nur sagen: ein Traum!
Tagsüber ein Whiskygeschäft, ab 19:00 Uhr eine Bar mit Verkostung.
Gekauft habe ich übrigens keinen Whisky, ich konnte mich nicht entscheiden! Außerdem steht morgen noch einmal eine Behandlung an und man soll sich ja nicht belohnen, bevor der Bär sein Fell abgegeben hat oder so ähnlich. Gekauft haben wir aber trotzdem etwas. Etwas mit einer schönen Flasche, die Karin gefallen hat. Ich opfere mich dann und entsorge den Inhalt.
🥳
Wie gesagt, es geht um die schöne Flasche. Der Inhalt ist schnöder Obstbrand, leider limitiert, leider aus einem extra kleinen Fass, leider besonders gelagert, leider lecker. Dazu seht ihr ein kleines Buch, denn nachdem wir keinen Whisky gekauft hatten, haben wir uns die anderen kleinen Lädchen drumherum angesehen. Während ich mir eher Technik- und Spirituosenmärkte anschaue, hat Karin bisher nur Augen für Schmuck- und Bastelläden gehabt.
Tatsächlich gibt es aber noch andere sehenswerte Geschäfte!
Alle klein, eine Tür, ein Verkaufsraum, aber gerade deswegen sehenswert. Zum Beispiel ein kleiner Buchladen, der draußen mit deutschen Büchern geworben hat:
Wie schon geschrieben, muss ich morgen wieder in die Zahnklinik. Es werden noch einmal die Kontaktflächen nachgeschliffen. Manchmal habe ich das Gefühl, mein Kiefer ist so verspannt, dass ich jedes Mal auf einer anderen Seite Überdruck aufbaue.
Bisher lief es so: Die Zahnärztin ist fertig, alles fühlt sich gut an, aber ein paar Stunden später zu Hause habe ich den Eindruck, alles ist schief. Glücklicherweise scheint das die gute Frau überhaupt nicht zu irritieren, denn sie hat bis jetzt jedes Mal von sich aus Wert darauf gelegt, mich zur Nachbearbeitung einzubestellen. Das dauert wohl etwas wenn direkt der gesamte Zahnbestand erneuert wird.
Wahrscheinlich, ziemlich sicher, bin ich der einzige, der sich deswegen einen Kopp macht.
🤯
Aber, Zähne zusammenbeißen, das scheine ich ganz gut zu können.
Deswegen habe ich sie auch bis auf die Hälfte runter geschliffen.
😩
Und es ist immer noch irritierend, wenn ich zufällig redend an einer reflektierenden Fläche vorbeikomme und in meinem Mund Zähne sehe. Dabei ist es noch nicht einmal der Endzustand. Könnte sein, dass mir das gefällt.
🤩
Jetzt habe ich wieder ganz viel von mir erzählt, so, als hätte Karin überhaupt kein Leben in meinem Schatten.
Wer uns kennt, weiß, dass das stimmt, aber für alle anderen gibt es die offizielle Version: Karin erlebt natürlich auch ganz wundervolle Dinge! Saubere Fenster, saubere Bettwäsche, kein Staub auf und unter den Schränken…
Sie hat sich mittlerweile mit der Besitzerin eines kleinen Schmuckladens angefreundet, die allerdings zur Zeit wegen Corona ihr Geschäft geschlossen hat und einen kleinen Stand im Einkaufszentrum betreibt. Dort hat Karin sie kennengelernt. Ab nächsten Monat wird sie dann ein anderes kleines Geschäft am Goldstrand von Mittag bis Mitternacht betreiben. In der Zwischenzeit ändert sie für Karin alten Schmuck, weitet und kürzt verschiedene Dinge und macht aus alten schöne neue Stücke. Das alles für wenig bis kein Geld, weil Karin das Material stellt.
Ich werde Karin bitten, das Ganze einmal zu fotografieren, damit ich euch einmal zeigen kann, wie ich meine Frau mit Juwelen überhäufe.
Yorumlar